Sendeplätze in Estland und Armenien aufgegeben - Radio Liberty wieder ohne zusätzliche Mittelwellen

Radio Swoboda, tschastoty: 864 kHz, 1035 kHz, 1386 kHz
Auch jetzt noch im Internetauftritt enthaltene, inzwischen hinfällige Angaben | © svoboda.org

Ende März 2023 hatte Radio Free Europe / Radio Liberty die Verbreitung seines russischen Programms um zwei zusätzliche Sendeplätze auf Mittelwelle erweitert. Diese sind nach genau einem Jahr wieder entfallen.

Einerseits sendete das russische Programm von RFE/RL für eine Stunde am (hiesigen) Nachmittag auf der Mittelwelle 864 kHz aus Armenien.

Die Frequenz wird jetzt nur noch zwischen 19.10 und 19.55 Uhr MESZ für Trans World Radio eingeschaltet. Übertragen werden Blöcke in turkmenischer, kasachischer und karalkapakischer Sprache. Zu diesem für TWR typischen Format wurde schon gefragt, was man sich eigentlich von solchen 15-Minuten-Sendungen verspricht.

Radio Eli
Der Sender bei Tartu | © Radio Eli

Darüber hinaus lief das Programm in den vergangenen zwölf Monaten auch für wiederum eine Stunde am Abend auf der Mittelwelle 1035 kHz aus Estland.

Sie kommt nicht mehr aus Laitse bei Tallinn, seit Eesti Radio den Verbreitungsweg AM bereits 1998 aufgegeben hat. Einige Teile der Sendetechnik wurden seinerzeit noch als Andenken sichergestellt, der Rest verschrottet und die Station dem Verfall preisgegeben.

Zur Nachnutzung der Frequenz für ein evangelikales Missionsprogramm in russischer Sprache entstand eine neue Anlage bei Tartu. In Betrieb ging sie 2001 zunächst mit einem gebrauchten Röhrensender aus den USA, den schließlich ein 100 kW starker Transistorsender der Telefunken-Bauart ersetzte.

Die Segnung des zweiten Senderblocks | © Radio Eli

2010 stieg Trans World Radio mit in dieses Radio Eli ein. Um die Frequenz zur Übertragung der TWR-Programme mit verdoppelter Leistung betreiben zu können, erhielt die Senderanlage einen zweiten Block.

Nach neun Jahren zog TWR sich zurück, verbunden mit der Schließung des Produktionsstudios in Sankt Petersburg. Damit verlor Radio Eli ein Drittel seines Budgets. Um das UKW-Schwesterprogramm Pereraadio vor der drohenden Insolvenz zu schützen, wurde der Verbund aufgehoben.

Damalige Strategie von TWR war, sich auf die Mittelwelle Grigoriopol 999 kHz zu konzentrieren. Nach dem Verlust dieser Frequenz wandte man sich jedoch wieder den gerade erst im Stich gelassenen Partnern in Estland zu und belegt auf 1035 kHz jetzt Sendeplätze im Zeitfenster zwischen 21.00 und 22.45 Uhr.

Als zusätzliche Kompensation griff TWR sogar noch einmal auf die Kurzwelle zurück, allerdings nicht wieder, wie bis 2016, auf die Sender in Deutschland und Österreich (von deren damaliger Abkündigung waren auch noch Polnisch und Ungarisch betroffen).

Stattdessen versuchte man es in kostengünstiger Weise mit der eigenen Station auf der weit entfernten Pazifikinsel Guam, die damit erstmals überhaupt Programme nach Europa abstrahlte. Nach einem halben Jahr fand dieses Experiment sein Ende.

Missionswerk Friedensstimme, Media Broadcast Nauen
© Sammlung freerutube.info

Im Programmschema von Radio Eli finden sich auch Produktionen aus Deutschland, und zwar des Missionswerks Friedensstimme. Das ist eine Gründung von Aussiedlern aus der damaligen Sowjetunion, denen die in Deutschland existierenden Religionsgemeinschaften alle „zu lasch“ waren.

Deshalb schlossen sie sich zur Vereinigung der Evangeliums-Christen-Baptisten zusammen und gerieten 2020 in die Schlagzeilen, als ihr charakteristischer Fatalismus einen Gottesdienst in Frankfurt am Main zur Massenansteckung werden ließ.

Ab 2003 hatte die Friedensstimme ihre jetzt noch aus Estland verbreiteten Hörfunkproduktionen auch über die Kurzwellensender bei Nauen ausgestrahlt. Geldmangel zwang kurz vor dem Zwischenfall in Frankfurt zum Ende dieser Übertragungen.

Nach wie vor auf Kurzwelle aktiv (für Nordkorea und China, allerdings nicht mehr, wie bis vor kurzem ebenfalls praktiziert, die Malediven) ist ein anderer Produzent, der ebenfalls Radio Eli zuliefert: Die Stimme der Märtyrer, ein von Rumäniendeutschen in den USA gegründetes Missionswerk.

Die eigene terrestrische Verbreitung des russischen Hörfunkprogramms von RFE/RL beschränkt sich jetzt auf die Frequenz 1386 kHz vom Sender Viešintos in Litauen.

Erst 2017 war diese Mittelwellenanlage mit maßgeblicher Unterstützung der USA noch einmal hergerichtet worden. Dennoch beschränkte RFE/RL schon 2019 ihre bis dahin großflächige Nutzung auf drei Stunden pro Tag.

Daran hat sich auch 2022 nichts geändert, im Gegenteil: RFE/RL trat die Sendezeit von 20.00 bis 20.30 Uhr an die Deutsche Welle ab. Damit reduzierte sich die Übertragung des russischen Programms aus Prag weiter auf den Zeitraum von 20.30 bis 23.00 Uhr und beginnt jetzt mit einer harten Umschaltung mitten in den laufenden Beitrag hinein.

Seit 2017 macht RFE/RL nicht nur Radio und Internet, sondern betreibt gemeinsam mit der Voice of America auch ein Fernsehprogramm in russischer Sprache, Nastojaschtscheje Wremja.

Dessen Name wird sehr häufig als „Current Time“ wiedergegeben. Dabei geht zwangsläufig die besondere Anspielung verloren: Auf die altbekannte Nachrichtensendung des früheren Zentralnoje Telewidenije, heute Perwy Kanal.

Nastojaschtscheje Wremja
Studio von Nastojaschtscheje Wremja in Washington | © RFE/RL

Mit Nastojaschtscheje Wremja kehrte der Auslandsrundfunk der USA im vergangenen Jahr auf Astra 19,2° Ost zurück. Seit 1995 hatte er diese Plattform aus Kostengründen nicht mehr genutzt.

Auch die nunmehrige Ausstrahlung eines russischsprachigen Programms wendet sich wieder an ein breiteres Publikum.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 21.04.2024