Kubanski Radiozentr - Noch eine Mittelwelle für Radio Rossii

Die – nur unter der Hand bekannt werdende – erneute Mittelwellenaufschaltung von Radio Rossii an „interessanten“ Standorten geht noch weiter: Zum 1. November 2022 wurde auch eine Ausstrahlung aus dem Kubanski Radiozentr bestellt, und zwar in diesem Fall gleich mit 1200 kW.
In Mitteleuropa wird davon trotzdem nicht allzu viel zu hören sein, denn die zu verwendende Frequenz 1089 kHz ist auch jetzt noch mit hoher Leistung aus Großbritannien belegt.
Da es zu diesem Thema keine offiziellen Informationen gibt, ist theoretisch auch noch offen, ob tatsächlich Radio Rossii zur Übertragung kommen soll. In der bislang letzten Aktivitätsperiode dieser Frequenz im Jahre 2014 lief hier Westi FM, wie es seitdem durchweg auf der Mittelwelle Grigoriopol 1413 kHz der Fall ist.
Neben Einmessungen des Senders wurden jedenfalls bereits kurzzeitige Aufschaltungen von Radio Rossii gehört. Zu beobachten war auch hier die bereits von der Grigoriopol-Ausstrahlung auf 999 kHz bekannte Verzögerung des Programmtons.
Das mit der Ausstrahlung auf 1089 kHz beauftragte Kubanski Radiozentr befindet sich bei der Stadt Tbilisskaja, auf halbem Weg an der Eisenbahn von Krasnodar nach Stawropol. Es war, wenn man von Versuchen mit Digitalsendungen absieht, als letzte russische Sendestation noch bis Ende 2020 auf Kurzwelle aktiv.
Das Programm kam da schon nicht mehr aus Moskau, sondern nur noch aus der Region selbst: Aus Maikop, von der Rundfunkgesellschaft der Republik Adygeja, die in den 90er Jahren eigene Auslandssendungen gestartet hatte.
Mit allen anderen Übertragungen auf Kurzwelle ist es hier seit 2014 vorbei. Zu den letzten Sendekunden gehörte, zumindest noch über den Herbst 2011 hinweg, auch die Deutsche Welle.
Schon länger Geschichte ist die mit einer Leistung von 1000 kW gefahrene Ausstrahlung der deutschen Sendungen aus Moskau. Mit einem vielfach Ortssenderqualität erreichenden Empfang war sie in der Regel die beste Kurzwellenfrequenz dieses Programms, wenn man von dessen langjähriger Heranführung über eine minderwertige Übertragungsleitung absieht.
Ab 1992 war diese Tbilisskaja-Frequenz zeitweise auch fast als einzige übrig. Seinerzeit entging Radio Moskau nur knapp der völligen Abschaltung. Als bereits eine anderweitige Nutzung des Funkhauses in der Moskauer Pjatnizkaja-Straße geplant war, wurde 1993 doch noch die neue Rundfunkgesellschaft „Golos Rossii“ gegründet.
Sie existierte zwei Jahrzehnte. Zwar kursierten schon 2013 Gerüchte, doch das milderte nicht den Schock im Haus, den die Nachricht über den Putin-Ukas zur Liquidierung des Senders auslöste.

Zugleich eliminiert wurde die Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Auch sie bestand bereits in der Sowjetunion, bis 1990 unter dem Namen APN.
An die Stelle der liquidierten Häuser trat die neue Medienagentur Rossija Segodnja. Mit deren Leitung beauftragt wurden die Chefin des – selbst nicht mit in die neue Struktur integrierten – Fernsehsenders RT, Margarita Simonjan, und der Fernsehkommentator Dmitri Kisseljow.
Besonders bekannt war APN für die Zeitschrift „Sputnik“, die 1988 in der DDR aus dem Vertrieb genommen wurde. Dieser Schritt löste ein weithin als Anfang vom Ende wahrgenommenes Erdbeben aus.
An diese Zeitschrift erinnerten sich Simonjan und Kisseljow nun, als es daran ging, eine Nachfolge für die Marken der eliminierten Häuser zu schaffen: Die Online- und Hörfunkprodukte der neuen Agentur treten als „Sputnik“ auf. Davon ausgenommen blieb allerdings Deutschland, denn hier ist der Name seit 1993 bereits beim Mitteldeutschen Rundfunk in Gebrauch.
Von den Redaktionen der Stimme Russlands blieben nur einzelne, an den Rand geschobene Mitarbeiter übrig. Deren Meinung, man solle den AM-Rundfunk nicht ganz so leichtfertig aufgeben, hatte von vornherein keine Chance, noch Gehör zu finden.
Für die Verantwortlichen in Moskau ist es reines Glück, überhaupt noch einmal auf Mittelwelle senden zu können. Nachdem das Verteidigungsministerium keinerlei Interesse an einer Erhaltung der Sendeanlagen zeigte, war ihre Verschrottung bereits in vollem Gang. Dabei hatte man sich im Kubanski Radiozentr zunächst mit den 13 Kurzwellensendern „beschäftigt“.
Die dortige Sendetechnik für Lang- und Mittelwelle besteht in ihrer heutigen Form seit den späten 80er Jahren. Diese drei Sender wurden in Eigenleistung des Radiozentrums gebaut. Das erklärt auch die für russische Sender weniger übliche, da so nicht von Maschinopriboj Leningrad gefertigte Nennleistung von jeweils 1200 kW.
Die letzten Ausstrahlungen auf Langwelle, über die alte Frequenz von Radio Odin, kamen hier ausgerechnet von der Stimme Russlands. Dafür sorgte deren noch aus der Ära Jelzin stammende Beauftragung mit der Produktion eines Sonderprogramms für Tschetschenien.

Autor: Kai Ludwig; Stand vom 28.10.2022