Österreich - ORF reduziert Kurzwellensendungen weiter

Sender Moosbrunn
Im Nebel: Die jetzt exklusiv von Adventist World Radio genutzte Drehstandantenne in Moosbrunn | Brigitte Rieser, CC

Der Österreichische Rundfunk hat seine Ausstrahlungen auf Kurzwelle weiter eingeschränkt. Seit Neujahr verbleibt lediglich das seit dem vorletzten Jahrzehnt übliche Volumen, diesmal in anderer Aufteilung.

Im März 2022 hatte der ORF diese Übertragungen mit großer Geste auf bis zu drei Stunden am Tag erweitert. Die seinerzeit eingeführte Ausstrahlung am Abend ist bereits ab November wieder entfallen. Mit dem nächsten Kürzungsschritt zum Jahreswechsel gibt es nun überhaupt nur noch Sendungen an Werktagen.

Von Montag bis Sonnabend unverändert weitergeführt wird dabei die nach Osteuropa gerichtete Ausstrahlung am Mittag, von 12.00 bis 13.00 Uhr auf 13730 kHz. Massiv gekürzt ist jetzt hingegen die Nutzung der Rundstrahlfrequenz 6155 kHz am Morgen. Hier wird der Sender nur noch von 7.00 bis 7.33 Uhr eingeschaltet.

Stand vom 29. Januar 2023


Täglich übertragen werden aus der Kurzwellenstation Moosbrunn bei Wien damit nur noch die Programme von Adventist World Radio. Sie laufen hier seit 2001. An den internationalen Hörfunk der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten vermarkten konnte der ORF seinerzeit die Kapazitäten, welche die schrittweise Abwicklung von Radio Österreich International freisetzte.

Gegenüber der Spitzenzeit ist auch das Sendevolumen von AWR bereits zurückgegangen. Dennoch gibt es immer noch 9,5 Stunden tägliches Programm für Afrika und Asien, abgestrahlt über die große Drehstandantenne, die auf dieser Seite ganz unten dargestellt ist.

Für die Eigenprogramme des ORF und tageweise Sondersendungen außerdem noch aktiv sind die rundstrahlenden Quadrantantennen und die logarithmisch-periodische Antenne. Die übrigen Antennen sind nicht mehr in Betrieb oder nicht mehr vorhanden.

Als Folge eines Seilrisses gilt das inzwischen auch für die sogenannte Doppelwandantenne, eine zweiseitige Vorgangantenne für die hohen Kurzwellenbänder. Sie konnte nach einer Modifikation auch im 31-Meterband arbeiten. Nach dem Ausfall dieser Antenne war die Station am Heiligabend 2022 schon nicht mehr in die jährliche Kurzwellensendung des NDR einbezogen.

Darüber hinaus werden seit Neujahr auch die Programme von AWR nur noch mit 100 kW Trägerleistung abgestrahlt. In Betrieb verblieben damit lediglich zwei Sender des hier gezeigten Typs. Die Standardbegründung „Digitalisierung“ ermöglichte ihre Beschaffung noch im Jahre 2000, als sich der Untergang von Radio Österreich International bereits abzeichnete.

Die vom amerikanisch-britischen Technikdienstleister Encompass in Moosbrunn bestellten Ausstrahlungen mit höherer Leistung sind ebenfalls schon seit November entfallen. In erster Linie handelte es sich noch um Programme der BBC. Ein großer Teil davon läuft stattdessen jetzt über die Kurzwellenanlage von Radio Vatikan.

Sender Sines
Die 2011 aufgegebene Sendestation Sines im Zustand einer erst nach 2000 realisierten Modernisierung

Adventist World Radio seinerseits gibt es in dieser Form seit 1971. Den Start ermöglichte damals die Deutsche Welle mit der Sendestation Sines in Portugal, die sie über Tochterfirmen auch Dritten öffnete.

1975 kamen noch Ausstrahlungen über die Sender in Malta hinzu. Diese litten jedoch unter technischen Problemen. Den endgültigen Abgang von AWR provozierte 1982 die Regierung von Malta, indem sie den Betrieb für drei Monate unterband.

1979 begann AWR darüber hinaus mit Sendungen über Radio Andorra. Sie fanden schnell wieder ihr Ende, als der Zwergstaat in den Pyrenäen die Lizenz nicht mehr verlängerte und die Sender 1981 zwangsweise abgeschaltet wurden.

Danach wich AWR nach Italien aus und nahm 1985 in Forlì, südwestlich von Ravenna, einen eigenen Kleinsender in Betrieb. Ein Foto davon sowie unter anderem auch des Tonträgerraums der DW in Sines findet sich in dieser Chronik.

1992 machte die russische Seite ein offensichtlich kostengünstiges Angebot. Somit kamen die für Europa bestimmten Programme von AWR nun nicht mehr aus Sines, sondern für vier Jahre von den Sendeanlagen im Raum Moskau, in Samara und in Jekaterinburg.

Vor dem Beginn der Ausstrahlungen aus Moosbrunn nahm AWR von 1996 bis 2001 ein Angebot in der Slowakei wahr. Dort waren Kapazitäten in größerem Umfang frei, nachdem Radio Prag die zunächst noch praktizierte Weiternutzung der auf slowakischem Gebiet stehenden Sender beendete.

Eigentlich hatte AWR noch etwas anderes geplant, nämlich eine eigene leistungsfähige Sendestation in Italien. Dafür wurden in der Schweiz einige Sender und Antennenzubehör aus der 1998 stillgelegten Station Schwarzenburg aufgekauft.

Am vorgesehenen Standort in Arganda, zwischen Ferrara und Ravenna, kam es noch zum „ersten Spatenstich“. Dann ließ AWR das Projekt jedoch fallen und legte 2001 auch den Kleinsender in Forlì still. Letzte Erinnerung daran ist eine wöchentliche Sendung für Kurzwellenfans in Italien, die AWR bis heute aus Nauen abstrahlt.

Die Sendetechnik, für die man nun keine eigene Verwendung mehr hatte, bot AWR zum Kauf an. Einer der Sender lief ab 2016 noch einmal bei WMLK, einer der merkwürdigen Kurzwellenstationen in den USA, bis er nach einem Jahr einem Brand zum Opfer fiel.

Zum Programm von AWR gehörten einst Sendungen in deutscher Sprache. Sie werden bereits seit 1948 produziert und fanden auch Eingang in den Kirchenfunk der ARD. 1973 kommentierte eine Stelle der evangelischen Kirche, die Sendungen seien „eher rein biblisch-evangelistisch als adventistisch-sonderkirchlich“.

Die Ausstrahlung dieser Sendungen aus Moosbrunn ist 2007 entfallen. 2018 wurde auch der Hörfunkkanal auf Satellit abgeschaltet.

Der Schwerpunkt liegt nun ganz beim Fernsehen. Dort gibt es seit 2009 einen eigenen, heute als Hope TV auftretenden Kanal. Mit dessen Übertragung auf dem Astra 1KR ist ebenfalls die ORF-Techniktochter ORS beauftragt.

 

Beitrag von Kai Ludwig