Rad'n'Roll - Radpolitik-Check in den Wahlprogrammen
Die Abgeordnetenhauswahl im September ist auch eine Wahl für oder gegen das Fahrrad. radioeins-Fahrradexperte Simon Brauer hat sich durch die Wahlprogramme der Berliner Parteien gewühlt.
Noch 19 Tage bis zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin. Und falls Sie nicht per Briefwahl wählen oder schon gewählt haben, dann könnte es ja sein, dass Sie am 26. September 2021 mit dem Fahrrad zum Wahllokal fahren. Spätestens dann sollten Sie sich Gedanken machen: Welche Partei will eigentlich was für die radfahrende Bevölkerung?
Tom Böttcher und Marco Seiffer sprachen darüber mit radioeins-Fahrradexperte Simon Brauer.
Du hast dir die Wahlprogramme der Berliner Parteien angeschaut. Welche Rolle spielt das Fahrrad bei dieser Wahl?
Da ja das Klima und der Klimawandel eine wichtige Rolle bei der Wahl spielen, kommen die Parteien am Fahrrad nicht vorbei. Themen wie sichere Kreuzungen, Fahrradschnellwege, eine größere Fahrradstaffel der Polizei tauchen in einigen Wahlprogrammen auf - bei manchen ziemlich detailliert, bei anderen eher vielversprechend-nebulös.
Am konkretesten wird es bei den Grünen: 100 Kilometer Radschnellwege sollen gebaut werden, dazu Fahrradstreifen an allen Hauptstraßen und Fahrradparkhäuser und Fahrradparkplätze, vor allem außerhalb des S-Bahnrings an S- und U-Bahnstationen.
Bisher haben sich darum die Bezirke gekümmert - oder auch nicht. Wenn es nach den Grünen geht, ist für all das in Zukunft der Senat zuständig, da könnte ein enormer Bürokratiewust wegfallen und in Sachen Verkehrswende einiges schneller laufen.
Bei der SPD klingt es ähnlich - da steht: „Wir werden im Mobilitätsgesetz festgeschriebene geschützte sowie getrennte Geh- und Radwege sowie das Radschnellwegenetz schneller als bisher ausbauen.“ Wie sie das machen wollen, davon steht allerdings nichts im Wahlprogramm.
Die Linke hat mindestens einen konkreten Vorschlag im Programm: Die Tiefbauämter der Bezirke sollen mehr Personal bekommen, denn so können Radwege endlich schneller gebaut werden. Müssen sie auch, denn die Linke verspricht ein vollständig ausgebautes Radverkehrsnetz bis 2030.
Das waren jetzt die Parteien, die aktuell noch regieren. Wie sieht es bei den anderen großen Parteien aus?
Da hatte ich ja erwartet, dass sich beispielsweise CDU und FDP besonders ins Zeug legen, um den Wählerinnen und Wählern mal zu zeigen, wie man sicheres Radfahren nicht nur beschließt, sondern auch zügig umsetzt.
Aber bei der FDP steht unter anderem: Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen lehnen wir ab, PopUp-Radwege lehnen wir ab. Stattdessen soll der Radverkehr auf Nebenstraßen umgeleitet werden, Kopfsteinpflaster soll durch glatten Asphalt ersetzt werden. Autos sollen weiter rollen.
Ein bisschen mehr Gedanken hat sich die CDU gemacht: Fahrradschnellwege, sichere Kreuzungen, Fahrradparkhäuser ... das übliche. Aber: Die CDU unterstützt das Projekt der „Radbahn“, ein schon länger geplanter Radweg unter der Hochbahn der U1 vom Bahnhof Zoo bis zur Oberbaumbrücke. Hat sich die CDU nicht selbst ausgedacht, toll finde ich die Idee trotzdem.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ADFC wollte übrigens auch von den Parteien wissen, wie sie sich das Radfahren im Berlin der Zukunft vorstellen. Sprecherin Lisa Feitsch klingt wenig euphorisch
Wie sieht es denn aus bei einer Partei wie der Klimaliste, die sich den Klimaschutz in den Namen geschrieben hat?
Auch da finden sich ein paar gute und sehr konkrete Ideen, wie Berlin fahrradfreundlicher werden kann: Einbahnstraßen sollen beidseitig nutzbar sein für Radfahrende; wenn hinter einer Sackgasse eine andere Straße liegt, soll es für Fahrräder eine Durchfahrt geben - und bei der Klimaliste soll es sogar 365 Kilometer neue Radwege pro Jahr geben, also einen Kilometer pro Tag.
Für den Berliner ADFC ist die Klimaliste nach den Grünen die fahrradfreundlichste Partei, sagt Lisa Feitsch.
Bei der AfD steht übrigens im Wahlprogramm: „Wir unterstützen den Ausbau und die Instandsetzung der Radverkehrsinfrastruktur.“ Aber: „Die ideologische Überdimensionierung von Radverkehrsanlagen zu Gunsten des motorisierten Individualverkehrs lehnen wir ab.“