Rad'n'Roll - Bringt der neue Bußgeldkatalog mehr Sicherheit für Radfahrer*innen?
Der neue Bußgeldkatalog tritt vermutlich im Herbst in Kraft - auf Raser*innen und Falschparker*innen kommen deutlich höhere Bußgelder zu. Doch bedeutet das auch mehr Sicherheit für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen?
Wir erinnern uns: Eine fehlende 3 - ein Formfehler - in der Verordnung sorgte dafür, dass der neue Bußgeldkatalog, der im Frühjahr 2020 kurz in Kraft getreten war, wieder auf Eis gelegt wurde. Für Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein willkommener Anlass, dem Druck vom ADAC und einer Online-Petition nachzugeben und die Regelungen zu überarbeiten.
Mehr als ein Jahr später, hat der Bundesrat Ende vergangener Woche höheren Bußgeldern für Verkehrssünder*innen zugestimmt. Zukünftig müssen Raser*innen höhere Geldstrafen zahlen, auch Falschparken wird teurer. Das soll die Verkehrssicherheit für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen erhöhen. Die Änderungen sollen noch im Herbst in Kraft treten.
Ob mit dem neuen Bußgeldkatalog Radfahrer*innen und Fußgänger*innen besser geschützt werden, wie Scheuer vollmundig versprochen hatte, das weiß radioeins-Fahrradexperte Henrik Barth.
Einer der Knackpunkte waren Fahrverbote ab einer Überschreitung von 21 km/h innerorts. Hätten die kommen müssen?
Ich meine ja, denn nach Abzug von eventuellen Messfehlern bin ich dann mit 74 Kilometern pro Stunde unterwegs, wo Tempo 50 gilt. Das kann für ungeschützte Teilnehmer*innen, wie Radfahrer*innen und Fußgänger*innen, lebensgefährlich werden. Nicht nur die Deutsche Polizeigewerkschaft hätte an dieser Stelle lieber Fahrverbote statt höherer Bußgelder gesehen, auch Siegfried Brockmann, Unfallforscher der Versicherer.
Zumindest sind bei einer Überschreitung von 21 km/h jetzt Strafen ab 100 Euro und ein Punkt vorgesehen. Aber höhere Bußgelder sorgen nicht automatisch für mehr Schutz, meint Siegfried Brockmann.
Falschparken wird dreimal so teuer, 55 Euro statt wie bisher 15 Euro, und bis zu 110 Euro kann es kosten, wenn ich einen Radweg zuparke oder in zweiter Reihe stehe. Das dürfte doch einen Effekt haben?
Na klar, wenn es kontrolliert wird. Es könnte auch ein Punkt in Flensburg hinzukommen, allerdings muss ich dafür länger als eine Stunde auf dem Gehweg oder Radweg stehen und eine Sachbeschädigung ausgelöst haben. Leider gehören kurzzeitig zugeparkte Fahrradstreifen zum täglichen Brot und Ausweichmanöver können tödlich enden, wie zuletzt im Mai diesen Jahres.
Und das beim Zuparken des Radwegs oder Fahrradstreifens jetzt 70 Euro fällig werden, dürfte als Abschreckung nicht reichen, sagt Siegfried Brockmann, Unfallforscher der Versicherer.
Immer wieder werden Radfahrer*innen von rechtsabbiegenden Lkw getötet. Wie wird da gegengesteuert?
Zumindest droht jetzt eine Strafe, wenn ein Lkw mit mehr als Schrittgeschwindigkeit rechts abbiegt. 70 Euro und ein Punkt dürften einen Effekt vor allem auf Berufsfahrer*innen haben.
Mein Fazit: Insgesamt betrachtet sind höhere Bußgelder ein erster Schritt für mehr Sicherheit im Radverkehr, aber das eigentliche Problem ist die schlechte Infrastruktur. Und um die entscheidend zu verbessern, müssen Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) reformiert werden. Es kann nicht sein, dass Radverkehrsanlagen bisher nur gebaut werden dürfen, wenn Kommunen Unfälle an besagten Strecken nachweisen können und nicht, wenn sie Lücken im Radverkehrsnetz schließen wollen. Das muss dringend geändert werden.