Kayhan Özgenç vom Business Insider - "Ich glaube schon, dass da noch einige Personen aus der Führung des rbb ihren Job räumen müssen."

RBB-Standort in der Berliner Masurenallee © IMAGO / Joko
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Seit dem Wochenende ist nichts mehr wie es war im rbb. Die Intendantin Patricia Schlesinger ist zurückgetreten. Die Vorwürfe gegen sie werden immer massiver. Jetzt hat sogar die Berliner Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen übernommen.

Der rbb ist in der größten Krise seiner Geschichte. Der Grund sind mögliche Verfehlungen der inzwischen zurückgetretenen Intendantin Patricia Schlesinger. Vor sieben Wochen fing alles an mit einem Bericht des Magazins Business Insider. Es ging um Compliance-Vorwürfe bei der Messe Berlin, in die auch Schlesinger und ihr Ehemann verwickelt sind. Seitdem kommen fast täglich immer neue Vorwürfe dazu. Falsch abgerechnete Abendessen, teure Büro-Umbauten, ein fragwürdiges Bonus-System - während der Rest des Senders unter Spardruck steht.

Anfang August tritt Schlesinger erst als ARD-Vorsitzende zurück, kurz später auch als rbb-Intendantin. Mittlerweile ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft wegen Vorteilsnahme und Untreue.

Wir sprachen mit Kayhan Özgenç, Chefredakteur bei “Business Insider” vom Springer Verlag.


Alles fing an mit einem Vorfall bei der Messe, mit einem Streit um die IFA, dem Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, wobei ein dubioser Beratungsvertrag auftauchte: 72.000 Euro für ein Mediencoaching. Der Auftragnehmer: Gerhard Spörl, der Ehemann von Ex-rbb-Intendantin Patricia Schlesinger. „Dann hat Jan C. Wehmeyer (Anm. d. Red.: Leiter Investigative Recherche beim Business Insider) es geschafft, sozusagen dieses ganze Verhältnis irgendwie aufzudecken. Dann ist man auf den Spörl gekommen, auf Patricia Schlesinger, Wolf-Dieter Wolf war ja gleichzeitig Aufsichtsratschef von der Messe und vom rbb. Und dann ist dieses Dreiecksverhältnis Stück für Stück entstanden, und da sind sozusagen die Mosaiksteine zusammengesetzt worden. Und dieses Dreiecksverhältnis, das hat jetzt ja dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaft ausgerechnet gegen diese drei Personen ermittelt“, erzählt Kayhan Özgenç im radioeins-Interview.

Dass die Recherche den rbb und eigentlich auch den gesamten öffentlichen-rechtlichen Rundfunk in diesem Maße erschüttern würde, damit habe er nicht gerechnet, so Kayhan Özgenç. Entscheidend dafür sei auch das Krisenmanagement von Patricia Schlesinger gewesen, was dafür gesorgt habe, dass die Affäre noch größer geworden sei: „Weil sie natürlich total schlecht reagiert hat. Sie hat uns am Anfang beschimpft, die Mitarbeiter verdächtigt, Sachen nach außen zu geben. Sie ist dann im Landtag nicht aufgetaucht, hat stattdessen ein Interview im Tagesspiegel gegeben. Und ich glaube, sie hat diese Affäre von vornherein irgendwie nicht richtig ernst genommen."

Bei der Recherche gehe es nicht darum, einen Generalangriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu starten - er persönlich sei beispielsweise auch „großer Fan“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sagt Kayhan Özgenç. Es gehe stattdessen darum, bestimmte Missstände aufzudecken. „Das ist jetzt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk passiert. Aber das, was wir machen mit der investigativen Recherche seit Jahren, das betrifft ja vor allen Dingen Unternehmen. Wir haben ganz viel, zum Beispiel über den VW-Konzern berichtet. Und da ging es ja auch nicht darum, dass wir eine Kampagne gegen den VW-Konzern machen. Und so machen wir auch keine Kampagne gegen jemanden, wir recherchieren Geschichten. Investigativer Journalismus ist dazu da, Missstände aufzudecken.“

Er sei sehr vorsichtig mit Ankündigungen von weiteren Geschichten, er habe aber das Gefühl, „dass da noch eine ganze Menge kommt, dass da ein System dahinter ist, und ich glaube schon, dass es in den nächsten Wochen und Monaten, dass da noch einige Personen aus der Führung des rbb ihren Job räumen müssen,“ so Kayhan Özgenç im radioeins-Gespräch.