Album der Woche - Observatory von Aeon Station

Observatory von Aeon Station
Observatory von Aeon Station | © Sub Pop

"Observatory" klingt wie eine Zeitreise. Doch ausnahmsweise ist dieser Fakt mal keinem Retrotrend geschuldet. Es handelt sich zwar um das Debütalbum des Projekts AEON STATION, doch der Kopf dahinter ist alles andere als ein Debütant. Kevin Whelan ist der Sänger der Band THE WRENS, die Ende der 80er Jahre gegründet wurden und die mit ihrem Sound die Blaupause für die Musik von erfolgreichen Bands wie ARCADE FIRE oder DEATH CAB FOR CUTIE lieferten.

"Observatory" wurde von dem 51-Jährigen sorgfältig zusammengestellt, komponiert und arrangiert, und zwar im Laufe von 14 Jahren und mit Unterstützung von THE WRENS-Bandkollegen Jerry MacDonald und Greg Whelan sowie Tom Beaujour. Außerdem steuerte seine Frau Mary Ann den Background-Gesang bei. Einzig mit seinem Freund und ehemaligen The Wrens-Mitglied Charles Bissell gab es keine Zusammenarbeit. Ihre Fäden sind nicht mehr miteinander verknüpft, sie konnte keine gemeinsame Vision für ein Album entwickeln. Und so scheint es, dass wann immer in den neuen Songs von Trennung und einer beendeten Beziehung die Rede ist, dass auch immer jene zu Charles gemeint ist.



Die Songs auf "Observatory" haben wie diese eigensinnige laut-leise-Dynamik, die von akustischer Intimität bis zu verzerrten Gitarrenriffs geht; die ihr Publikum ergriffen und auch überwältigt zurücklässt und unvorhersehbaren Haken schlagen. Hier findet sich das Leben selbst gespiegelt mit seinen Aufs und Abs. Bisweilen sticht eine gesunde Portion Hybris heraus in Form einer amtlichen Wall of Sound. An dem AEON STATION-Album wurde mehr als ein Jahrzehnt gearbeitet und da es auch in den Songs inhaltlich um Aufbruch und ums Loslassen geht, wirken sie wie ein Befreiungsschlag. Kevin Whelan war es schon lange ein Bedürfnis, diese Platte herauszubringen. Jedenfalls ist in jedem Song, auch in den ruhig-akustischen, eine übermäßige Dringlichkeit zu merken.

Es ginge darum, so Keven Whelan, dass manche Träume im Leben vergehen und manche sich verändern. Wenn er einen Rat an eine jüngere Generation weitergeben sollte, dann hieße der: „Lass dich nicht davon abbringen, das zu tun, was du liebst. Gib niemals auf.“ Er erinnere sich, wie er Mitte der 90er Jahre mit THE WRENS eine grandiose Tour durch Deutschland absolvierte. Sie waren auch in Berlin und hatten die Zeit ihres Lebens. Damals habe er darauf gewartet, ein Rockstar zu werden, sagt Whelan, und Geld zu haben. „Das ist nie passiert, trotzdem, fast 20,30 Jahre später, sitze ich immer noch da und rede über Musik und liebe sie.“

Vielleicht verändert sich deine Sichtweise auf den Traum im Laufe des Lebens und es kommt darauf an, wie du reagierst. Negativ oder Positiv. Bleibst du in Bewegung, oder lässt du zu, dass es dich ruiniert. Es liegt oft Schönheit im Unfertigen, das zeigt auch das Foto auf dem Albumcover, und das Gefühl zu haben, dass wir immerwährend, etwas fertigkriegen müssen, hält uns wohl lebendig. Am Ende ist es gut, die Dinge zu beobachten. Das Beobachten hilft uns zu verstehen: "Observatory".

Claudia Gerth, radioeins

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