Album der Woche - My Morning Jacket von My Morning Jacket

My Morning Jacket S/T
My Morning Jacket S/T | © PIAS

My Morning Jacket beginnen ihr neues, selbstbetiteltes Album mit dem Song "Regularly Scheduled Programming" und dem psychedelisch umhüllten Wunsch, sich zu betäuben, um der schmerzhaften Realität zu entfliehen. Das neunte Studioalbum, der aus Kentucky stammenden Band um Sänger Jim James, beginnt also sehr … menschlich.

"Dieser Song trifft nach dem, was wir mit der Pandemie durchgemacht haben, wirklich den Nagel auf den Kopf," sagt Jim James. "Aber schon vorher fühlte es sich an, als würden so viele von uns das wirkliche Leben gegen soziale Medien und unsere eigenen Geschichten gegen die Handlungsstränge auf Netflix eintauschen, oder unser Bewusstsein mit diversen Mitteln betäuben." Er gehörte nie zu den agitierenden Menschen, aber trotzdem hegt er den Wunsch, die Leute mit seinen Songs zum Nachdenken zu bewegen. Der Song "The Devil’s in the Detail" zum Beispiel thematisiert unsere Abkehr von der Natur. Es geht darum, dass viele Leute mehr über Einkaufszentren Bescheid wissen als über die Natur um sie herum. Und dazu erzählt der Song, dass wir alle mehr auf das Streaming-Fernsehen starren als auf einen echten Bach oder einen echten Fluss. Doch dann gibt es den Song "Love Love Love", ein Mantra, das einen zur reinen, heilenden Kraft der Liebe führt.



"In Color" ist ein wunderschön eigensinniges Epos mit einem fieberhaften Gitarrenriff, das James in einem Traum kam. Die Aussage des Songs ist einfach: Jim James wünschte, jeder könnte zustimmen, dass Unterschiede das sind, was das Leben schön macht. „Jede Schattierung des Regenbogens, jedes Geschlecht und jede Rasse und sexuelle Orientierung", sagt James. Eine Salve der Toleranz.

In "Complex“ machen sich Selbstzweifel breit, die jedoch in ihrer reflektierten Art nur charmant und nahbar wirken. Das Album endet schließlich mit "I Never Could Get Enough", einem Liebeslied, das genau die Begeisterung der Verliebtheit einfängt. "Darauf bin ich wirklich stolz“, sagt Jim James, „ich liebe es, dass es ein bisschen langsam und launisch ist und dass man sich darin verlieren kann“.

Den Sound des Albums könnte man als unentschlossen bezeichnen. Er wechselt von Southern Rock zu Pop und Modern Rock mit einigen Jazz-Improvisationen. Jim James lässt sich dabei ohne Konzept eher intuitiv leiten. Das Wichtigste jedoch ist seine Einstellung zur Musik: „Sie sei das Einzige, was für mich jemals Sinn machte“, sagt er. „Es war das Einzige, was sich jemals so anfühlte, als könnte ich es in dieser Welt tun, und was mir als Kind jemals Trost oder Hoffnung gab. Es war die einzige Art von Tor, das ich zum Glück finden konnte oder die Realität transzendieren konnte, die für mich als Kind wirklich hart war.“ Diese Dringlichkeit ist wirklich jedem seiner Alben anzumerken.

Das Album schmückt die zarten Backing-Vocals von Briana Lee und Maiya Sykes und es wurde im 64- Sound-Studio in Los Angeles aufgenommen. Jim James übernahm die Produzentenrolle.

Claudia Gerth, radioeins

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